Koexistenzarbeit in Neve Hanna – ein Update

 

Jüdisch-muslimische Jugendtreffen. Die zu Beginn des Schuljahres 2024-2025 ins Leben gerufene Gruppe mit ihren zwei Betreuern – einem jüdischen und einem muslimischen Israeli –, sowie einer 18-Jährigen, die ein freiwilliges soziales Jahr im Kinderheim leistet.

 

Liebe Freund*innen Neve Hannas,

mit dem nahenden Jahreswechsel blicken wir zurück auf herausfordernde und dennoch hoffnungsvolle und erfolgreiche Monate. Viele von Ihnen haben in den letzten Tagen den Rundbrief zum Jahreswechsel erhalten. Eine digitale Version, sowie vergangene Versionen zum Nachlesen sind jetzt verfügbar unter der Rubrik Neve Hanna>Downloads, alte Rundbriefe & mehr Infos. Zudem hat Antje C. Naujoks, die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit Neve Hannas in Israel, kürzlich einen Bericht über die Koexistenzarbeit in Neve Hanna veröffentlicht. Dieser Beitrag bietet einen Einblick in die diesjährige Friedensarbeit:

Mit großem Schmerz mussten wir nach 22 Jahren den „Nativ LaShalom“/„Tariq al Salam“ (Pfad des Friedens) schließen, dieses einzigartige und zugleich einzige israelische Projekt eines gemischten jüdisch-muslimischen Tageshortes für Jungen und Mädchen aus sozial geschwächten Familien. Dieser Einschnitt geht darauf zurück, dass der Ausschüttungsmodus des Budgets für die landesweiten Tageshortprogramme geändert wurde. Im Herbst 2024 übertrug das Sozialministerium alle Betriebsangelegenheiten solcher Programme den Kommunen. Durch diese Veränderung war für ein städteübergreifendes Betreuungsprogramm wie unseren Tageshort „Pfad des Friedens“ keine Förderung mehr vorgesehen. Obwohl wir an viele Türen klopften, um unsere einzigartige Tageshortgruppe weiterführen zu können, blieben die erforderlichen Genehmigungen aus. Dass der „Pfad des Friedens“ unerwartet wegbrach, hat uns
schwer getroffen, aber letztlich dazu motiviert, unser Wirken für Koexistenz noch weiter
aufzustocken.

Neve Hanna baute im Dezember 2024/Januar 2025 eine zweite gemischte jüdisch-muslimische Gruppe auf. Diese beiden Gruppen führen ihre Aktivitäten an einem von Neve Hanna neugegründeten Zentrum namens „Pfad zum Frieden“ durch. Neben den Aktivitäten dieser beiden Gruppen (Jugendtreffen und Young Leadership) sollen in Zukunft an diesem Zentrum weiter Projekte aufgebaut werden, darunter eine jüdisch-muslimische Theatergruppe, Fortbildungen für therapeutische Mitarbeiter sowohl der jüdischen als auch der arabischen Gesellschaft Israels, Gastvorträge sowie eine Vernetzung mit anderen Projekten und Vereinigungen des Landes, die mit Kindern und Jugendlichen der jüdischen und der arabischen Gesellschaft arbeiten. Drüber hinaus werden hier internationale Jugendaustauschprogramme umgesetzt, so dass dieses Zentrum zu einem lebendigen Treffpunkt einer in Respekt und Toleranz gelebten Koexistenz sowohl von jugendlichen wie auch erwachsenen israelischen Bürger*innen mitsamt Gästen aus dem Ausland wird. Diesen Gesamtaktivitäten soll letztlich eine neue Jugendbewegung entspringen, die auf erlebnisorientierten Aktivitäten einer „shared community“ basiert.
Das Zentrum „Pfad zum Frieden“ genießt keine staatliche Unterstützung mehr. Die erforderlichen Räumlichkeiten vor Ort sind vorhanden und wurden dank einer Sonderspende des Freundesvereins „Neve Hanna Kinderhilfe e.V.“ renoviert. Bis Herbst 2025 ist die Mehrheit der nachstehend erwähnten Aktivitäten der beiden Gruppen durch bereits zugesagte Spenden gewährleistet. Um die Aktivitäten kontinuierlich fortsetzen und zudem den Aufbau weiterer Aktivitäten voranzutreiben, ist Neve Hanna auf die zusätzliche Förderung von Stiftungen wie auch Einzelspender*innen angewiesen.

Den vollständigen Bericht finden Sie hier.

In tiefer Trauer nehmen wir Abschied von Haim Suzanna z“l

 

Haim Suzanna25 Jahre lang war Haim, der im Alter von 50 Jahren vor wenigen Tagen aus dem Leben schied, Hausvater der Wohngruppe Re‘im im Kinderheim Neve Hanna.
Für mehrere Generationen von Kindern, die nicht bei ihren biologischen Eltern aufwachsen konnten, war er ein väterliches Vorbild. Wir Freiwilligen des Kinderheims kennen Haim als engagierten, liebevollen, hilfsbereiten und sich stets um seine Mitmenschen sorgenden und bemühten Menschen. Er war für die Kinder unserer Gruppe ein Vorbild, für seine Kolleg*innen ein Freund und Bruder und nicht zuletzt für uns Freiwillige ein zuverlässiger und fürsorglicher Ansprechpartner. Haim war 25 Jahre mit Ricky verheiratet. Zusammen bauten sie eine von Liebe und Wärme geprägte Familie für ihre drei Kinder auf. Bis zuletzt war Haim trotz schwerer Erkrankung für seine Mitmenschen da und erreichbar und hatte für alle positive und optimistische Worte bereit.

Sein Verlust hinterlässt eine schmerzliche Lücke, doch seine Wärme und Großherzigkeit werden in unserer Erinnerung lebendig bleiben. Seine Hingabe hat Neve Hanna und alle, die mit ihm zu tun hatten, geprägt.


Möge seine Erinnerung ein Segen sein.

Ein kurzer Bericht: die Situation in Neve Hanna, 19. Juni 2025

Am 7. Oktober 2023 veränderte sich für Israels Bevölkerung die Realität. Seither, seit rund eindreiviertel Jahren, ist Neve Hanna darum bemüht, auf die zusätzlichen therapeutischen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen zu reagieren. Viele von ihnen erlebten die damaligen Ereignisse in Sderot, Netivot und Ofakim beim Besuch von Eltern oder Verwandten. Vor rund einer Woche nahm das Leben in Israel – und damit auch in Neve Hanna – erneut eine Wende.

Nur wenige Stunden nachdem wir in den frühen Morgenstunden des 13.6.2025 vorgewarnt wurden, uns in der Nähe von Schutzräumen aufzuhalten, kamen tatsächlich die ersten Raketenangriffe aus dem Iran. Die damit einhergehende Geräuschkulisse kann man auch in Neve Hanna nicht ignorieren. Ein Treffer in einem nahegelegenen Dorf veranschaulichte uns, dass wir es mit Raketen einer vollkommen anderen Sprengdimension zu tun haben. Das ist für alle Zivilist*innen, die dem ausgesetzt sind, keine einfache Lage – erst recht nicht, wenn es sich um ohnehin traumatisierte Kinder handelt.

Aufgrund des Krieges ist Neve Hanna als warmherziges zuhause für unsere Kinder dazu verpflichtet, sich um alle ihre Bedürfnisse zu kümmern. Die Kinder gehen nicht zur Schule und können ihre Eltern oder Verwandten am Wochenende nicht besuchen. Neve Hanna muss sich rund um die Uhr um sie kümmern. Es ist von größter Bedeutung, dass die Kinder ständig vertraute Erwachsene an ihrer Seite wissen. Das gibt ihnen in einer beängstigenden Situation, die zudem viel Ungewissheit bringt, wesentlich mehr Rückhalt und Sicherheit. Das jedoch erfordert einen enorm aufgestockten Personalaufwand, den größtenteils das Team von Neve Hanna erbringt. Um unsere Mitarbeitenden, die oftmals selbst Familien mit Kindern haben, in dieser Situation trotzdem etwas zu entlasten, haben wir zusätzliches Hilfspersonal hinzugezogen.

Außerdem müssen wir uns um die Unterstützung des Zoom-Lernens kümmern, mehr Nachhilfekurse organisieren, und überdies körperlich und geistig bereichernde Freizeitaktivitäten anbieten. Sport, verschiedene Spiele und viele kreative Aktivitäten sind wichtig, um die Kinder körperlich auszulasten und zu fordern und sie ebenso seelischen abzulenken. Der Sportlehrer, der sonst zwei, drei Nachmittage die Woche bei uns ist, wurde zeitweilig Vollzeit angestellt. Viele Mitarbeitende bemühen sich um Aufrechterhaltung einer Routine und um zugleich abwechslungsreiche Beschäftigung.

Am wichtigsten bleibt: In Neve Hanna leben Kinder, die in jungen Jahren Traumata erfuhren, und immer noch mit den Folgen des 7. Oktober 2023 ringen. Situationen wie der aktuelle Krieg verursachen zusätzliche schwere Traumata. Zum Wohl unserer Kinder muss Neve Hanna unmittelbare und umfassende Antworten auf die akuten emotionalen Bedürfnisse der Kinder anbieten. Das geschieht gegenwärtig vor allem im Streichelzoo. Zudem haben wir viele andere Therapien, die wir regulär anbieten, aufgestockt. Angesichts des gravierenden Einflusses, den die gegenwärtige Lage nicht nur auf die Kinder hat, sondern auch auf alle Mitarbeitenden, haben wir einen Psychiater zu uns geholt, der uns einen wichtigen Rückhalt gibt. Er soll ebenfalls dazu beitragen, die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass sich Langzeittraumata entwickeln.

Dies sind große Herausforderungen. Wir tun unser Bestes für das Wohl unserer Kinder. Dankbar sind wir, dass unser Zusammenhalt viel Kraft und Energie spendet. Ebenso dankbar sind wir für die vielen Nachfragen aus dem Ausland und die vielen guten Wünsche. Es ist nicht selbstverständlich, so treue Freund*innen zu haben.

Danke, Toda – תודה, Shukran – شُكْرًا

von Antje C. Naujoks

Der IJFD startet wieder!

Im Herbst 2025 werden wieder deutsche Volontär*innen im Rahmen des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes (IJFD) für ein Jahr (Oktober 2025 – Juli 2026) nach Neve Hanna gehen. Über die Aufgaben der Freiwilligen, die Vorbereitungsseminare in Deutschland und das Rahmenprogramm vor Ort gibt es hier mehr Informationen. Außerdem teilen derzeitige Freiwillige regelmäßig ihre Einblicke auf Instagram (@nevehanna_freiwilligendienst).

Bei Interesse an einem IJFD in Neve Hanna freuen wir uns auf deine Bewerbung!

Bewerbungen für den Beginn im September 2025 werden noch bis zum 20.05.2025 angenommen.

Volos in Neve Hanna!

Seit einigen Wochen sind drei ehemalige Volontärinnen zu Besuch in Neve Hanna. Ida, Johanna und Marie nutzen ihre Semesterferien, um Ricky und Jona zu unterstützen, die auf eigene Initiative seit September in Neve Hanna tatkräftig mithelfen. Auch Raphael aus dem Jahrgang 2022/23 hat auf seinem Besuch in Israel in Neve Hanna vorbeigeschaut . Am Vormittag helfen sie in ‘klassischer’ Volontärsarbeit im Garten, dem Streichelzoo und in der Küche. Die Mitarbeitenden von Neve Hanna sind sehr dankbar für ihre Anwesenheit und auch die Kinder freuen sich sehr, am Nachmittag wieder mit deutschen und israelischen Freiwilligen zu spielen.

ein 'Volotreffen' in der Pinat Chai
Ein ‚Volotreffen‘ in der Pinat Chai mit Marie, Johanna, Ida, Raphael, Ricky und Jona

Da der IJFD aufgrund der aktuellen politischen Lage noch ausgesetzt bleibt, freut sich Neve Hanna besonders über die Besuche der ehemaligen Freiwilligen und erwartet in den nächsten Monaten bereits weiteren Besuch!

Frohe Feiertage

Im Namen des Vorstands von Neve Hanna Kinderhilfe e. V. wünschen wir allen frohe Feiertage – zu Weihnachten, Chanukkah oder auch zu Weihnukkah!

Jona und Ricky, die derzeit auf eigene Verantwortung in Israel sind und Neve Hanna unterstützen, haben am 24. Weihnachten in der Erlöserkirche in Jerusalem gefeiert. Gestern sind sie wieder zurück nach Neve Hanna gefahren, um mit den Kindern die erste Kerze auf der Chanukkiah zu entzünden.

Jona und Ricky in Haifa
Jona und Ricky in Haifa

 

Für das kommende Jahr wünschen wir euch und Ihnen alles Gute und hoffen, dass es Frieden bringen möge.

Besuch in Neve Hanna

Im Laufe der letzen Monate sind immer wieder Vorstandmitglieder und ehemalige Volontär*innen in Neve Hanna zu Besuch gewesen. Manche von ihnen bleiben auch länger, um Neve Hanna zu unterstützen, wo es geht. Trotz des intensiven Engagements  der Mitarbeitenden und der israelischen Freiwilligen („Shinshinim“), ist das Fehlen der deutschen Freiwilligen spürbar, und sie werden sehr vermisst. Deshalb leisten Jona und Linus, die noch bis Ende Juni in Kyriat Gat bleiben, ganz großartige Arbeit mit ihrer eigenständigen Rückkehr nach Neve Hanna. Vor Ort bemüht sich Antje C. Naujoks weiterhin, den beiden Seminartage zu ermöglichen, die sie im Rahmen ihres Internationalen Jugendfreiwilligendienstes (IJFD) gehabt hätten. So besuchten sie vor kurzem die beduinische Stadt Hura. Außerdem sind Jona und Linus mit Thom und Leonhard aus dem deutschen Vorstand für einen Tag nach Tel Aviv gefahren. Dort haben sie unter anderem zahlreiche Gedenkorte für die Geiseln besucht.

 

 

Chag Sameach

Linus bei "Streetlight" -Vorbereitungen
Linus hilft bei „Streetlight“.
Mitarbeitendenversammlung, Jona kauft symnolisch den Chametz.
Jona „kauft“ symbolisch den Chametz von Neve Hanna.

Jona und Linus, eigentlich Volontäre des Jahrgangs 2023/24, die derzeit selbstständig in Neve Hanna sind, haben an den Vorbereitungen und beginnenden Feierlichkeiten zu Pessach tatkräftig teilgenommen.

Linus half den Jugendlichen in Panas Rechov („Streetlights“) beim Bepacken zahlreicher Kartons mit Lebensmittelspenden. Mit dieser jährlichen Aktion möchte die Jugendgruppe es auch finanziell benachteiligten Familien ermöglichen, Pessach und insbesondere einen Seder (das traditionelle zeremonielle Abendessen mit dem Pessach beginnt) gebührend zu feiern. Dazu verteilen sie Lebensmittelpakete mit traditionellen Mazot, Keksen, Wein und allem, was sonst noch dazugehört.

Außerdem hat Jona symbolisch für die Zeitspanne der Feiertage Neve Hanna, insbesondere die Bäckerei, „gekauft“, sodass Neve Hanna nun koscher für Pessach ist. Trotz der bedrückenden Umstände wünschen wir allen ein gesegnetes Pessach und hoffen, dass alle mit ihren Nächsten feiern können.

Wiederkehr nach Neve Hanna

Während für viele am Donnerstag die Osterfeierlichkeiten begannen, haben Linus und Jona ihre Koffer gepackt. Anfang August 2023 waren sie mit ihren vier Mitvolontär*innen als Jahrgang 2023/24 nach Israel gereist, mussten jedoch nach dem 07. Oktober 2023 vorzeitig nach Deutschland zurückkehren. Bis Anfang Februar 2024 konnten sie ihren IJFD (Internationaler Jugendfreiwilligendienst) dankenswerterweise in Form eines FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) in Esslingen bei Stiftung Jugendhilfe aktiv fortsetzen. Beide waren sich jedoch sicher, dass sie, sobald es irgenwie möglich wäre, nach Neve Hanna zurückkehren wollten. Nun sind sie auf eigene Faust nach Israel gereist und werden im Streichelzoo, in der Küche, der Bäckerei, dem Garten und natürlich insbesondere in den Kindergruppen unterstützen. Bis voraussichtlich Juni können sie auf ihrem Touristenvisum dort bleiben. Jona und Linus führen ihr Volontariat ausdrücklich nicht offiziell fort, da dies derzeit auch nicht möglich ist. Trotzdem finden Sie regelmäßige Berichte und Eindrücke der beiden auf unserer instagram-Seite @nevehanna_freiwilligendienst.